Internationaler Jugend- und Schüleraustausch in den Koalitionsverträgen von Sachsen, Thüringen und Brandenburg

Bundesländer Brandenburg, Sachsen und Thüringen

Nach den Landtagswahlen 2024 wurden im Dezember neue Koalitionen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg gebildet. Bei der Verhandlung der Koalitionsverträge standen gerade auch Fragen internationaler Beziehungen intensiv zur Diskussion. Mit den Verträgen wurden deshalb entscheidende Weichenstellungen für die Politik der neuartigen Koalitionen – mit Beteiligung des BSW oder als Minderheitsregierung – mit Spannung erwartet.

Für „Austausch macht Schule“ haben vor allem die Abschnitte Schule und Jugend als Bereiche mit besonderer Länderkompetenz sowie Europa unter dem Aspekt des Jugend- und Schüleraustauschs Bedeutung. Wir haben die Verträge untersucht und sind auf folgende Positionen und Vorhaben rund um den Jugend- und Schüleraustausch gestoßen:
(Eine ausführlichere Zusammenstellung ist als Download verfügbar.)

Sachsen

Im Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD werden die internationale Zusammenarbeit in den Bereichen Schule und Jugend explizit genannt und die Bedeutung grenzüberschreitender Begegnungen junger Menschen hervorgehoben:

  • Interkulturelle Begegnungen in Schulen:
    „Wir fördern den internationalen Austausch von Schülerinnen und Schülern, um wertvolle Momente der interkulturellen Begegnung erlebbar zu machen.“ (S. 34)
  • Europa und Internationales
    „Wir wollen die europäische Einigung mitgestalten. Dabei hat Sachsen durch seine Lage im Herzen Europas eine besondere Verantwortung als Brückenbauer. Wir wollen auch in Zukunft eine starke Stimme Europas sein, die mit ganzer Kraft für die Stärkung des europäischen Zusammenhalts eintritt, damit auch künftige Generationen in einem gerechten, sozialen und vor allem friedlichen Europa aufwachsen können.“ (S. 90)
  • Grenzüberschreitende Zusammenarbeit:
    „In direkter Nachbarschaft zu Tschechien und Polen ist die Förderung grenzübergreifender Zusammenarbeit und europäischer Begegnung für uns selbstverständlich. Die Zusammenarbeit mit unseren Nachbarn werden wir in allen Bereichen ausbauen. […] Gemeinsam mit französischen und polnischen Partnern wollen wir das Weimarer Dreieck stärken und Initiativen für Jugendaustausch und Völkerverständigung fördern.“ (S. 91)
  • Europabildung und Europaexpertise:
    „Austausch und Begegnungen insbesondere von jungen Menschen sind für die europäische Idee von enormer Bedeutung. Das Gesamtkonzept Europabildung wollen wir daher umsetzen. Die Arbeit der Europaakteure in Sachsen fördern wir.“ (S. 91)
  • Jugendaustausch mit Israel:
    „Wir werden die Beziehungen zwischen Sachsen und Israel insbesondere in den Bereichen Wissenschaft, Kultur, Jugendaustausch [...] vertiefen und den Aufbau zivilgesellschaftlicher Partnerschaften fördern.“ (S. 99)

Thüringen

Im Regierungsvertrag zwischen CDU, SPD und BSW heißt es:

  • Präambel:
    „Als Land an der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze verfügt Thüringen über einzigartige historische Erfahrungen in der Überwindung von Teilung durch Dialog und friedlichen Wandel. Diese Erfahrung wollen wir nutzen, um Brücken zu bauen – zwischen Ost und West, zwischen unter-schiedlichen Perspektiven und Interessen. Das Format des Weimarer Dreiecks hat in der Vergangenheit wichtige Beiträge zur Verständigung zwischen den Völkern geleistet. Wir werden uns dafür einsetzen, dieses Format zu stärken.“
  • Stärkung der Schulautonomie – Pädagogische & finanzielle Freiräume schaffen
    „Die Eigenverantwortung der Schulen werden wir durch mehr pädagogische, personelle und finanzielle Autonomie stärken und die dafür nötige gesetzliche Grundlage weiterentwickeln. Wir werden den Ausbau des fächerübergreifenden Unterrichts stärken und die notwendigen Freiräume im Schulalltag schaffen, um Schüler und Schülerinnen gezielt auf ein selbstständiges Leben und lebenslanges Lernen vorzubereiten […].“ (S. 18)
  • Demokratie & Teilhabe stärken – Schule als Lebens- & Lernort:
    „Schulen sind für uns nicht nur Lern- sondern auch Lebensorte für Demokratie. Wir werden daher die Teilhabemöglichkeiten der Schülerinnen und Schüler und ihrer Eltern weiter ausbauen. Wir wollen die politische Bildung und Demokratie-bildung an allen Schulen […] fächerübergreifend sowie unter Einbeziehung gesellschaftlicher Akteure und Akteurinnen, ausbauen und Wertevermittlung durch »Lernen am anderen Ort« fördern. Wir werden ein Gesamtkonzept zur schulischen Vermittlung von Erinnerungskultur mit den Gedenkstätten […] erarbeiten sowie Gedenkstättenbesuche fest im Lehrplan verankern. […] Wir begreifen Schule als Lernort für Freiheit, Toleranz, Völkerverständigung und Frieden.“ (S. 20)
  • Jugend stärken & Mitbestimmung fördern – Chancen für die Zukunft sichern:
    „Wir werden die eigenständige Jugendpolitik ressortübergreifend weiter stärken […]. Bei der außer-schulischen Jugendbildung werden wir einen besonderen Fokus auf die demokratische Bildung legen. Zu diesem Kontext zählt eine bessere Zusammenarbeit zwischen Jugendhilfe und Schule und der Ausbau internationaler Jugendbegegnung/Jugendbildung. […] Den Landesjugendförderplan werden wir bedarfsgerecht finanzieren.“ (S. 69)
  • Politische Bildung & Jugendförderung – Schulen & außerschulische Einrichtungen
    „Wir wollen die Demokratiebildung an allen Schulen auch unter Einbeziehung der Landeszentrale für Politische Bildung, des Thüringer Instituts für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Medien (ThILLM) und weiterer gesellschaftlicher Akteurinnen und Akteure ausbauen und Wertevermittlung durch »Lernen am anderen Ort« fördern. […] Die außerschulische Bildung werden wir ausweiten. Wir bekennen uns zum Erhalt der Förderung des Netzes der Jugendbildungsstätten in Thüringen. Der Ermunterung der Kultusministerkonferenz folgend werden wir schulische und außerschulische Angebote zur Friedensbildung unterstützen.“ (S. 99)
  • Interkultureller Austausch & Dialog – Internationale Partnerschaften leben
    „Ein weiterer wichtiger Aspekt der Demokratieförderung ist die Unterstützung des internationalen Austauschs und des interkulturellen und interreligiösen Dialogs. Wir fühlen uns dem Austausch mit unseren Partnerregionen verbunden.“ (S. 100)
  • Deutsch-Israelischer Jugendaustausch:
    „Wir streben an, dem Deutsch-Israelischen Jugendwerk ein Engagement in Weimar zu ermöglichen.“ (S. 101)
  • Thüringen im Herzen Europas - Freiheit & Gemeinschaft
    „Der Austausch der Bürgerinnen und Bürger in Europa ist uns ein wichtiges Anliegen. Thüringen hat heute schon Regionalpartnerschaften zur Haute-de-France, Ungarn und Kleinpolen. Unser Ziel ist es, Regionalpartnerschaften zu fördern und das »Weimarer Dreieck« mit neuem Leben zu füllen. Zudem werden wir prüfen, ob wir den Kreis der Regionalpartnerschaften z. B. in Osteuropa erweitern. Wir unterstützen europäische Städtepartnerschaften. Die Europäische Jugendbildungsstätte Weimar (EJBW) werden wir zu einem »Zentrum für demokratische Bildung« weiterentwickeln und fördern. Mit dem europäischen Jugendcampus […]sollen junge Menschen aus Europa nach Thüringen eingeladen werden. Wir wollen Jugendprojekte zur Bildung, Kultur und Freizeitgestaltung stärken – auch mit einem Fokus auf den innereuropäischen Jugendaustausch.“ (S. 107)
  • Jugendaustausch & Bildung fördern – Junge Europäer zusammenbringen
    „Durch Jugendaustausche für Schülerinnen und Schüler, Auszubildende und Studentinnen und Studenten, Städtepartnerschaften und den Ausbau von Beziehungen mit Partnerregionen schaffen wir Möglichkeiten für die jüngere Generation, von anderen Kulturen und Gesellschaften zu lernen. […] Neben Studentinnen und Studenten wollen wir verstärkt Auszubildenden über Erasmus+ die Möglichkeit zu einem Austausch geben. […] Wir werden die Teilnahme des Landes an EU-Programmen und europäischen Kooperationen ausweiten sowie die EU-Fördermittel besser ausschöpfen. […] Das Europa-Förderprogramm, mit den Aktivitäten von Vereinen oder gesellschaftlichen Gruppen, wollen wir wieder verstärken.“ (S. 107f.)

Brandenburg

Der Koalitionsvertrag zwischen SPD und BSW enthält keine direkten Verweise auf den internationalen Jugend- und Schüleraustausch.
In verschiedenen Bereichen wird aber auch für dieses Thema ein positiver Rahmen geschaffen:

  • Kinder und Jugendliche:
    „Der Landesjugendplan und die politische Bildungsarbeit sind die Basis für Jugendförderung, außerschulische Jugendbildung, internationale Jugendarbeit und Jugendverbandsarbeit. Die dafür bereitgestellten Landesmittel werden entsprechend der Kostensteigerungen der letzten Jahre angepasst.“ (S. 23)
  • Europa:
    „Wir bekennen uns zu der Idee eines im Frieden vereinten Europas. Europa ist Querschnittsaufgabe in allen Ministerien. […] Wir unterstützen ehrenamtliches und zivilgesellschaftliches Engagement, um Verständigung und Austausch europaweit auf breiter Ebene zu stärken.“
    „Die Kooperation von Brandenburg mit Polen ist in der brandenburgischen Landesverfassung fest verankert. Der Zusammenarbeit mit unseren polnischen Nachbarwoiwodschaften kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. […] Die brandenburgisch-polnischen Beziehungen werden wir als Querschnittsthema in allen Ministerien weiter ausbauen.“
    „Die Koalition wird das Weimarer Dreieck wiederbeleben, z. B. auf Ebene der Hauptstadtregionen (Île de France, Brandenburg, Masowien).“ (S. 39)

Fazit

Die neuen Koalitionsverträge in Sachsen und Thüringen enthalten ein klares Bekenntnis zur Zusammenarbeit in Europa und zu internationalem Jugend- und Schüleraustausch als einem wichtigen Beitrag, diese lebendig und nachhaltig wirksam zu gestalten. Die Koalitionspartner vereinbaren eine Stärkung und Berücksichtigung dieser Bereiche.

Auch die Koalitionspartner in Brandenburg bekennen sich zu Europa und zu den wichtigen Beziehungen des Landes mit Polen. Jugend- und Schüleraustausch, internationales oder interkulturelles Lernen werden aber nicht explizit erwähnt. Die Vereinbarungen in den Bereichen Schule und Jugendarbeit könnten aber zur Schaffung positiver Rahmenbedingungen für den internationalen Austausch beitragen.

Es bleibt zu hoffen, dass die Vorhaben in den Koalitionsverträgen konsequent umgesetzt werden und internationaler Austausch sowie interkulturelle Bildung langfristig unterstützt und ausgebaut wird.

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