Viel Kontinuität und Aufbruch
Nach zügigen Verhandlungen haben SPD, Bündnis‘90/Die Grünen und FDP am 24.11.2021 ihren Entwurf für den Koalitionsvertrag vorgelegt. Darin lassen sich zahlreiche Aussagen zum internationalen Jugendaustausch finden. Wir stellen die wichtigsten vor und versuchen eine erste Einordnung.
Neue Schwerpunkte im Bereich der Jugendpolitik
Im Kapitel V. zur Kinder- und Jugendpolitik verspricht die neue Regierung, den internationalen Jugendaustausch zu fördern.
Besonders hervorgehoben wird eine zukünftig verstärkte Ansprache von Auszubildenden und der internationale Austausch in der Beruflichen Bildung, was den Forderung der Wahlprogramme von FDP und Grünen entspricht. Da die FDP das zuständige Bundesministerium für Bildung und Forschung besetzen wird, deutet dies auch auf eine neue Schwerpunktsetzung für das zukünftig grüne Bundesjugendministerium.
„Wir werden den Kinder- und Jugendplan bedarfsgerecht ausstatten. […] Wir wollen das Investitionsprogramm für Familien- und Jugendbildungsstätten fortführen. Wir werden die europäische und internationale Jugendarbeit, insbesondere für Auszubildende, stärken. Die Arbeit, auch der im Aufbau befindlichen Jugendwerke, setzen wir fort." (S. 98)
Kontinuität im europäischen Schüler- und Jugendaustausch
Mit Blick auf die Nachbarländer Polen und Frankreich signalisiert die zukünftige Bundesregierung Kontinuität bei der Unterstützung des Jugend- und Schüleraustausches. Es wird auf die deutsch-französische Freundschaft und den Aachener Vertrag verwiesen, aber auch die Stärkung der Zivilgesellschaft im Austausch mit Polen genannt (S.136).
Jugendaustausch als Instrument der Außenpolitik
Die meisten Aussagen zum internationalen Jugendaustausch finden sich im Abschnitt VII. zu bilateralen Beziehungen. Das zeigt, dass er mittlerweile ein selbstverständlicher Bestandteil des außenpolitischen Instrumentenkastens ist:
Jugendaustausch wird als wichtiger Beitrag für die transatlantische Zusammenarbeit, aber auch im Zusammenhang mit den Beziehungen zu Russland und den Ländern der Östlichen Partnerschaft genannt (S.153). Besonders erfreulich für den deutsch-russischen Jugendaustausch ist die angekündigte Initiative zum visafreien Reiseverkehr für junge Menschen unter 25. Die SPD hatte in Ihrem Wahlprogramm lediglich von „Visaerleichterungen“ gesprochen.
Auch die Beziehungen zur Türkei sollen durch eine Stärkung des Jugendaustausches verbessert werden.
Der bereitsdurch die Vorgängerregierung in Aussicht gestellte Aufbau eines deutsch-israelischen Jugendwerks soll nun in die Wege geleitet werden (S. 155).
Anknüpfungspunkte für Schüleraustausch in der Bildungspolitik
Die Kompetenzen der Bundesregierung im Bereich der schulischen Bildung sind bekanntermaßen eingeschränkt, denn Schulen und ihre internationalen Kooperationen fallen in den Aufgabenbereich der Länder.
Die Ampel-Koalitionäre streben jedoch ein Kooperationsgebot an und wünschen sich eine intensivere Zusammenarbeit von örtlichen Schulträgern, Kultuspolitik der Länder und der Bundespolitik, um sie „zu neuer Stärke (zu) vereinen und eine neue Kultur in der Bildungszusammenarbeit (zu) begründen“ (S. 94).
Zwei der in diesem Zusammenhang vorgeschlagenen Maßnahmen könnten sich mittelbar positiv auf die Entwicklung des Schüleraustausches auswirken:
- Über „Chancenbudgets zur freien Verfügung“ im Programm „Startchancen“ solle ausgewählte Schulen zukünftig Kooperationen mit außerschulischen Partnern finanzieren können. Die aktuelle Formulierung würde eine Zusammenarbeit mit Trägern internationaler Jugendarbeit einschließen. Hier sehen wir große Potentiale für den internationalen schulischen Austausch. Das wäre ein großer Fortschritt für dieses Handlungsfeld und würde zudem der Förderung von Bildungsgerechtigkeit im Schüleraustausch dienen. (S. 95f.)
- Die Internationalisierung der Lehrkräftequalifizierung wird deutlich hervorgehoben (S. 96). Das ist in zweierlei Hinsicht zu begrüßen: Zum einen motivieren Auslandserfahrungen häufig dazu, selbst Schüleraustausche zu organisieren. Zum anderen entsteht damit ein weiterer Anknüpfungspunkt, um das bisher kaum vermittelte Thema Schüleraustausch im Lehramtsstudium zu verankern.