Netzwerk Niedersächsische Schulen MIT Afrika
Unzählige Schulen haben den Wert von Schulpartnerschaften erkannt und engagieren sich vielfältig. Häufig wissen sie jedoch nichts von ähnlichen Partnerschaften in ihrem Umfeld. Es fehlt eine gemeinsame Plattform, die es ermöglicht, voneinander zu lernen und sich gegenseitig zu inspirieren. In Niedersachsen gibt es seit März 2021 das Netzwerk Niedersächsische Schulen MIT Afrika, das die Zusammenarbeit und den Erfahrungsaustausch der Schulen koordiniert. Tobias Rusteberg, der Koordinator des Netzwerks, erklärt einige Details.
Tobias Rusteberg ist Lehrer und Beauftragter für Globales Lernen am Tilman-Riemenschneider-Gymnasium in Osterode am Harz, welches seit 10 Jahren eine Partnerschaft mit zwei Schulen in Kaolack, einer Stadt in Senegal, pflegt.
Alles begann 2012 mit seiner E-Mail an den senegalesischen Kollegen Elhadj Diouf. Aus einer Brieffreundschaft ihrer Deutsch- und Französischklassen entstand eine lebendige Schulpartnerschaft mit zahlreichen Begegnungen zu Themen rund um die Agenda 2030. Daraus entwickelte das länderübergreifende Lehrertandem mit weiteren Unterstützern das „Osteroder Modell“ [1], welches mehrfach ausgezeichnet wurde.
So wie die Schulpartnerschaft zwischen Osterode und Kaolack gibt es in Niedersachsen zahlreiche Schulen, die unabhängig voneinander eine Partnerschaft mit einer afrikanischen Schule aufgebaut haben. Im Auftrag des Niedersächsischen Kultusministeriums initiierte Rusteberg deshalb in 2020/21 eine bisher auf Landesebene einzigartige Institution - das Netzwerk „Niedersächsische Schulen MIT Afrika“.
So gestaltet sich die Zusammenarbeit konkret
Das Netzwerk Niedersächsische Schulen MIT Afrika vereint aktuell 64 Schulen (Stand: September 2022), die Partnerschaften mit Schulen auf dem afrikanischen Kontinent pflegen. Dabei sind alle Schulformen vertreten, von Grundschulen über Gesamtschulen und Gymnasien bis hin zu Berufsschulen. „Der Eine-Welt-Gedanke“, so Rusteberg, „kann gar nicht früh genug in den Köpfen der Kinder verankert werden.“
Es existieren zwei Formate, in denen sich die Mitglieder monatlich digital oder in Präsenz austauschen. Bei „Netzwerkzeit“ werden aktuelle Themen und gemeinsame Projekte diskutiert. Im Format „Netzwerk trifft…“ liegt der Fokus auf Impulsen und Inspirationen außerhalb des schulischen Kontextes. Dafür lädt der Koordinator die unterschiedlichsten Gäste ein, die die Netzwerkmitglieder mit in ihre Welt nehmen, beispielsweise einen Professor für afrikanische Literatur, die Präsidentinnen des Goethe-Institutes und der Deutschen Afrika Stiftung oder eine WDR-Reisejournalistin. Einzige Bedingung sei, dass die Referent*in selbst keine Lehrkraft ist.
Rusteberg bestätigt den großen Bedarf für die Vernetzung seitens der Schulen. Als erstes Netzwerk auf Landesebene in Deutschland hoffen die Akteure, auch andere Bundesländer inspirieren zu können.
Welchen Mehrwert das Netzwerk für die Mitglieder hat
Ein intensiver Erfahrungsaustausch ist aktuell der größte Wert, den die Mitglieder des Netzwerks Niedersächsische Schulen MIT Afrika an der Gemeinschaft sehen. Sie diskutieren, was besonders gut gelungen ist und wo es Herausforderungen gibt. Auch Tipps und Tricks zur Bewerbung in Förderprogrammen und aktuelle Deadlines werden ausgetauscht. „Wir informieren uns gegenseitig über Wettbewerbe, Fristen, Materialien, Buchtipps und vieles mehr, kurzum eine echte Ideenbörse, von der alle profitieren“, erklärt Rusteberg. Reale Begegnungen werden zukünftig mit anderen in Form internationaler Abende geteilt und das Potenzial der niedersächsisch-afrikanischen Junior-Botschafter*innen soll durch das Netzwerk noch sichtbarer werden. Der Koordinator vermutet hinter dem regen Austausch das ehrliche Interesse an anderen Partnerschaften. „Wer Brücken baut, der denkt nicht nur an seine eigene Brücke. Jeder gibt und jeder nimmt, so werden unsere Schulpartnerschaften nachhaltig gestärkt.“
Insbesondere in Zeiten, in denen physische Besuche der Partnerschulen nicht möglich sind, seien die Veranstaltungen des Netzwerks ein großer Motivationsschub dranzubleiben und den Kontakt zu den Partnerschulen nicht abreißen zu lassen. Berichte anderer Begegnungsreisen und gemeinsamer Projektideen sind eine vielfältige Inspirationsquelle. Als besonderes Highlight nennt Rusteberg die im Dezember 2021 mit ENSA durchgeführte zweitägige internationale Partnerschaftskonferenz „Brücken für Begegnungen bauen“, bei der sich über 100 Lehrkräfte aus Niedersachsen und 12 afrikanischen Ländern begegneten.
Dass das Netzwerk derzeit ausschließlich aus Lehrerinnen und Lehrern besteht, sei von Vorteil, denn es herrsche ein allgemeines Verständnis für den Schulalltag und die Arbeitsbelastung im Kontext Schule, so Rusteberg. Neue Ideen und Inspirationen werden deshalb statt mit Skepsis über die Umsetzbarkeit, mit Anerkennung für das Geleistete belohnt. Außerdem wirke ein offener Umgang mit Kritik dem Credo „My classroom is my castle“ entgegen und beuge Konkurrenzdenken zwischen den Engagierten vor. „Sowohl sehr erfahrene, teils jahrzehntelang gelebte Schulpartnerschaften als auch Brückenbauneulinge - alle profitieren von unserem engagierten Austausch“, so Rusteberg.
Der multiplikatorische Effekt des Netzwerkes
Der Zusammenschluss bündelt die Ideen der Schulen hinsichtlich ihrer Kooperationen mit afrikanischen Schulen und verleiht ihnen dadurch mehr Gewicht. Tobias Rusteberg stellt zudem erfreut fest, dass durch das Netzwerk weitere Schulen auf das Potential einer Schulpartnerschaft mit dem Nachbarkontinent aufmerksam werden. Aktuell befinden sich im Netzwerk mehrere sich „anbahnende Partnerschaften“, wie Kooperationen genannt werden, die noch im Entstehen sind. Zudem bilden sich erste Süd-Süd-Kontakte zwischen den verschiedenen afrikanischen Partnerschulen, die das Potential haben, weitere Synergien für das Netzwerk zu erzeugen.
Fazit
Eine lebendige und langfristige Schulpartnerschaft ist das Ziel vieler engagierter Lehrer*innen. Wie sie sich dabei gegenseitig unterstützen können und das Thema Schulpartnerschaft auch über die eigene Schule hinaus sichtbarer machen können, zeigt das Netzwerk Niedersächsische Schulen MIT Afrika.
[1] Das „Osteroder Model“ verzahnt die Schulpartnerschaften mit einer Kommunalpartnerschaft zwischen Osterode am Harz und Kaolack in Senegal. Außerdem wird die partnerschaftliche Arbeit von der eigens zu diesem Zweck gegründeten Elhadj Diouf Foundation gestützt. Mehr dazu auf der Website der Schule.