Good Practice

Whole School Approach am E.T.A. Hoffmann-Gymnasium Bamberg

Besuch der Partnerschule in Tanzania und den am Projekt beteiligten Kaffebauern

Das E.T.A. Hoffmann-Gymnasium in Bamberg wendet bei seiner Internationalisierung einen Whole School Approach an: Internationale Schulaustausche werden nicht als Einzelmaßnahmen gesehen, sondern Internationales Lernen soll in möglichst vielen Aspekten des Unterrichts und des Schullebens verankert werden.

An einem musischen Gymnasium liegt der Gedanke nahe, die Internationalisierung nicht auf die Sprachvermittlung zu beschränken, sondern sie fachübergreifend zu denken und zum Beispiel auch den Musik- und Kunstunterricht miteinzubeziehen. Doch das E.T.A. Hoffmann-Gymnasium geht noch einen Schritt weiter: Internationales findet hier auch in nicht-musischen und nicht-sprachlichen Fächern Niederschlag.

Im Leitbild der Schule heißt es: „Gemeinsame Werte prägen unser Miteinander. Unser Ausgangspunkt ist das christliche Menschenbild und die darin verankerte Toleranz Andersdenkenden gegenüber. Die Leitlinien der UNESCO sind für uns verbindlich: Menschenrechtsbildung, Demokratieerziehung, Interkulturelles Lernen, Umwelterziehung, Globales Lernen und UNESCO-Welterbeerziehung. Wir alle leben diese Werte.“

Das Projekt „Sosolya Undugu Dance Acamdey“ zu Gast am ETA Hoffmann Gymnasium

Da die Schule das Thema Internationales Lernen ganzheitlich (im Sinne eines Whole School Approachs) angeht, haben sich internationale Aktivitäten gewandelt und sind heute nicht mehr Einzelmaßnamen, sondern finden sich vielfältig, in vielen Formen im Schulleben wieder. Schon vor der Corona-Pandemie gab es Überlegungen, die bis dahin existierenden Programme zu aktualisieren. Mit der Zäsur der Lockdowns und der damit einhergehenden Einstellung der internationalen Aktivitäten nahm das Bemühen innerhalb der Schulfamilie zu, die internationalen Kontakte und Programme auf einen inhaltlichen Prüfstand zu stellen, neu auszurichten und zu ordnen. Eine zusätzliche Dynamik erhielt dieser Prozess durch personelle Veränderungen, sowohl im Kollegium selbst, als auch auf bestimmten Positionen.

Die seit mehreren Jahren existierende, ohne Anrechnungsstunden arbeitende Schulentwicklungsgruppe nahm sich dieser Aufgaben an und etablierte eine Fahrtenkonzeptgruppe. „Wichtig ist uns hierbei: Inhalte gehen vor Reiseunternehmungen! Die erste Planungsfrage lautet daher stets: „Welche Inhalte sind für welche Projektarbeit sinnvoll? Sprache ist nicht mehr Selbstzweck, in dem Sinn, dass man reine ‚Sprachaustausche‘ macht. Fremdsprachen sind Mittel der Kommunikation, um gemeinsam an Inhalten zu arbeiten“, erklärt Johannes Klehr, Studiendirektor und für „Internationales im musischen Schulprofil“ zuständiger Mitarbeiter in der Schulleitung.

UNESCO-Projektschule

Als UNESCO Projektschule sind internationale Begegnungen fester Bestandteil des Schulprofils des E.T.A. Hoffmann Gymnasiums und dienen der Vermittlung des UNESCO Wertekanons und der Bildungsagenda. Aktuell umfassen die internationalen Aktivitäten im Rahmen des UNESCO-Projektschulen-Netzwerks einen Musikaustausch mit England, neu startende Austausche mit einer beruflichen Schule in Frankreich und einem musischen Gymnasium in Italien, ein Projekt mit einer Partnerschule in Tansania, an das auch ein Fairtrade-Projekt angeschlossen ist, sowie Schulpartnerschaften mit Nepal und der Ukraine, die aufgrund des Krieges im Moment nicht gelebt werden kann. Trotzdem existieren dorthin enge Kontakte.

Regelmäßige Schulbesuche von ausländischen Gastlehrkräften bereichern den internationalen, kulturellen Austausch ebenso wie die Aufenthalte mehrerer Gastschüler:innen aus verschiedenen Ländern. Zurzeit wartet die Schule auf die Akkreditierung des eingereichten Erasmus+ Projekts „Shaping our school, shaping our future“. Die internationalen UNESCO-Projekttage, etwa zu den Themen Menschenrechte oder Transformation, ermöglichen ebenso die Auseinandersetzung mit globalen Themen, wie die bereits oben beschriebene Unterstützung von Bildungsprojekten in Nepal und Tansania. Projekte und Ausstellungen zum Weltkulturerbe Bamberg gehören ebenfalls zum Schulleben.

Die Zuständigkeit von UNESCO-Projekten liegt bei zwei Lehrkräften, die die Koordination übernehmen – das hat den Vorteil, dass die vielfältigen Aufgaben auf mehrere Schultern verteilt sind und die Koordination mit anderen Lehrkräften und Fachschaften im Team gestaltet werden kann. Für diese Tätigkeit erhalten beide Lehrkräfte Anrechnungsstunden, ein Teammitglied ist zudem auch Mitglied der UNESCO-Koordinationsgruppe am Staatsinstitut für Bildungsforschung (ISB), einer Behörde des Bayerischen Kultusministeriums.

Die Projektgruppe „Schulgarten“ hat zusammen mit einem Holzkünstler ein „Grünes Klassenzimmer“ nachhaltig gestaltet.

Wichtige Impulse für ihre UNESCO-Aktivitäten erhält die Schule seit gut einem Jahr vom UNESCO-Parlament, in das jede Klasse der Schule zwei Vertreter:innen entsendet und das von den beiden Koordinatoren strukturell und inhaltlich begleitet wird. Dort werden neue Projektideen entwickelt, über die Nachhaltigkeit von Schulfahrten diskutiert, Vorschläge für deren Kompensation erarbeitet etc. Die Ergebnisse des Parlaments werden dem höchsten schulinternen Gremium, dem Schulforum, vorgestellt, das dann über eine Umsetzung entscheidet.

Das UNESCO-Parlament ist ein Baustein partizipativer Strukturen an der Schule, ebenso wie die oben erwähnte Schulentwicklungsgruppe oder die regelmäßigen Treffen von engagierten Kolleg:innen mit der Vorsitzenden einer Bürgerstiftung, die innovative pädagogische Projekte in den Bereichen Kultur, Welterbe-Denkmalschutz, Ökologie und naturwissenschaftliche Forschung finanziell und personell unterstützt. Letztlich findet sich hier ein weiterer pädagogisch-methodischer Ansatz, nämlich das „Lernen durch Engagement“, ohne dass die Schule explizit dieses „Label“ trägt.

Nicht nur Auslandsreisen

Vielfältige internationale Kontakte von Schüler:innen und Lehrkräften gehören am E.T.A. Hoffmann Gymnasium zum Alltag. Und es müssen nicht immer teure Auslandsreisen sein:

Zum Beispiel wird nach dem Initialprojekt im Juni 2022 die KinderKulturKarawane regelmäßig an der Schule zu Gast sein. Für die KinderKulturKarawane kommen jedes Jahr Gruppen junger Künstler:innen aus Ländern Afrikas, Asiens und Lateinamerikas nach Deutschland. Die Gruppen können für Auftritte und Workshops eingeladen werden. Im Zentrum der Begegnungen stehen hierbei das gegenseitige Lernen und der kulturelle und persönliche Austausch „auf Augenhöhe“, die Behandlung gemeinsamer Themen wie Klimawandel und Klimagerechtigkeit, die Wahrnehmung der jeweils verschiedenen und ähnlichen Lebenssituationen von Jugendlichen und die daraus resultierenden Gestaltungsmöglichkeiten von Chancenbildung.

Die Resonanz der Bamberger Schüler:innen nach der ersten Begegnung mit einer Jugendgruppe aus Kampala/Uganda sei überwältigend gewesen – vermutlich auch, da es der erste internationale soziale Kontakt nach Corona war, erzählt Johannes Klehr. Ein Teilnehmer befand: „Diese Begegnung hat mein Leben verändert!“. Neben der Zusammenarbeit mit der KinderKulturKarawane entsteht gerade auch eine ähnlich gestaltete Zusammenarbeit mit Jugendlichen eines Regenwald-Projekts in Brasilien.

Über die Schule hinaus

„Aktuell versuchen wir, globale Themen auf einzelne Projektideen zu übertragen und auch internationale Projekte mit regionalen Aktivitäten zu verbinden: Zum Beispiel Musik und Klima. Die am Austausch mit den Jugendlichen aus Kampala beteiligte Klasse hat ein Benefizkonzert in der Bamberger Fußgängerzone dafür genutzt, um aus den Einnahmen Sprachmodule für Schüler:innen der dortigen Schule zu finanzieren, um ihnen die Möglichkeit zu erleichtern, später an internationalen Universitäten studieren zu können“, so Johannes Klehr. „Benefizkonzerte sind aber nur ein Baustein internationaler kultureller Aktivitäten. Begegnungen mit der Musik anderer Kulturen über Workshops, Gastlehrkräfte und Konzerten mit den Musikensembles unserer Partnerschulen ermöglicht das Arbeiten an gemeinsamen Zielen und die Weitung des persönlichen und kulturellen Horizonts.“

Beim Whole School Approach werden auch die Familien mit einbezogen, zum Beispiel ist folgende Finanzierungsidee in Entwicklung: Familien werden für ihren privaten Urlaub um CO2-Kompensationszahlungen in einen Begegnungs-Fond gebeten. Aus diesem sollen dann nach einem transparenten Auswahlverfahren Öko-Projekte in Bamberg und in den Partnerschulen mitfinanziert werden, die wiederum jeweils Teil des regulären Unterrichts sein werden.

Der Prozess der Schulentwicklung ist dabei auch am E.T.A. Hoffmann Gymnasium noch nicht zu Ende: Besonderes Interesse gilt momentan den Themen Fundraising, neuen Formen der Arbeitsorganisation im Kollegium sowie der nachhaltigen Verankerung internationaler Begegnungen im Schulprogramm und der Unterrichtsgestaltung. Die Transformation ist im Gange.

Johannes Klehr meint dazu: „Wie überall gilt auch bei uns: Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen.“ :-)

Ein Beitrag von Christine Bertschi

Veröffentlicht am: 14.12.2022