Zukunft des Programms Erasmus+
Auf Einladung der Bevollmächtigten der Freien Hansestadt Bremen beim Bund, für Europa und Entwicklungszusammenarbeit nahm »Austausch macht Schule« in Bremen an einer Anhörung zur Zukunft des Erasmus-Programms teil. Die Initiative begrüßt den von der EU-Kommission am 30. Mai 2018 veröffentlichten Vorschlag. Mit ihm würde die Schaffung eines europäischen Bildungsraumes weiter vorangetrieben und vielen jungen Menschen internationale Lernerfahrungen möglich.
Der Vorschlag für das neue Erasmus-Programm 2021-27 (Nachfolger des aktuellen Programms Erasmus+, vorgelegt von der Europäischen Kommission am 30.05.) wird aktuell in der gesamten EU diskutiert. Im Rahmen von Konsultation werden Interessenträger aus Schulen, Hochschulen, Zivilgesellschaft, Politik, Wirtschaft und Verwaltung angehört, um Standpunkte und Meinungen aus deren Erfahrungen mit Erasmus+ einzuholen.
Ergebnisse der Konsultationsprozesse fließen ein in Stellungnahme an die EU-Kommission
In Bremen waren gut 25 Vertreterinnen und Vertreter von Interessenträgern der Einladung der Bevollmächtigten in den EuropaPunktBremen gefolgt.
Sie begrüßten die Aufstockung des Budgets, forderten jedoch zugleich eine deutliche Vereinfachung: Insbesondere für Schulen und kleine Organisationen, die von Ehrenamtlichen getragen werden, sei eine Bewerbung für Erasmus-Mittel bislang zu umfangreich. Zudem wünschten sie sich eine erhöhte Sichtbarkeit des Erasmus-Programms: Oft sei gar nicht bekannt, dass das Erasmus-Programm nicht nur für Studierende, sondern auch für die schulische und berufliche Bildung, internationale Jugendarbeit und den Sport offensteht.
Die Ergebnisse der Anhörung in Bremen fließen in eine Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen (AdR) ein, die Ende des Jahres vorgelegt werden wird. Alfons Scholten, Vorsitzender des Europäischen Bundes für Bildung und Wissenschaft, unterstützt als Experte die Erarbeitung der Stellungnahme.
So kann die Zukunft von Erasmus+ aussehen
Der von der EU-Kommission am 30. Mai 2018 veröffentlichte Vorschlag eines Nachfolgeprogramms ERASMUS für allgemeine und berufliche Bildung, Jugend und Sport ist grundsätzlich zu begrüßen. Mit einem Schwerpunkt auf Inklusion sollen in den sieben Jahren ab 2021 deutlich mehr junge Menschen verschiedener Altersstufen mit unterschiedlichem kulturellem, sozialem und wirtschaftlichem Hintergrund erreicht werden.
Um die formulierten Ziele zu erreichen, müssen jedoch die Antragsverfahren und der Verwaltungsaufwand deutlich verschlankt und flexible Lern- und Mobilitätsformen ermöglicht werden.
Anregungen der Antragsteller wurden im neuen Programm berücksichtigt
Ebenfalls sehr positiv zu bewerten ist, dass zahlreiche Anregungen und Rückmeldungen zum aktuellen Programm Erasmus+ im Vorschlag aufgegriffen werden. Verbesserungen und Neuerungen sollten behutsam in die bestehende Programmarchitektur integriert und bei der Umsetzung auf bestehende Durchführungsmechanismen zurückgegriffen werden, um antragstellenden Organisationen die Umstellung auf das neue Programm zu erleichtern.
Deutliche Budgetaufstockung - Vereinfachung im Antragsverfahren notwendig
Das Budget des Programmes für den Zeitraum 2021-2027 soll auf insg. 30 Mrd. Euro angehoben und damit mehr als verdoppelt werden; insgesamt soll die Zahl der Teilnehmenden auf das Dreifache steigen. Erreicht werden kann das nur durch eine deutlich effizientere Gestaltung des Programms, besonders, da das Programm darauf abzielt, bisher nicht erreichte und benachteiligte Teilnehmende zukünftig verstärkt anzusprechen.
Damit würden auch Forderungen von »Austausch macht Schule« entsprochen: Nur durch eine deutliche Vereinfachung der Anträge und die weitere Verringerung des Verwaltungsaufwandes kann das Programm für antragstellende Schulen und kleinere Organisationen der internationalen Jugendarbeit attraktiver werden. Im erheblichen Antrags- und Berichterstattungsaufwand des aktuellen Programms liegt dessen zentraler Nachteil.
Inklusion als Schwerpunkt
Einen besonderen Schwerpunkt legt das Programm auf Inklusion: Verstärkt will es Menschen mit geringeren Chancen ansprechen, etwa durch die Förderung flexibler Lernmobilitätsformate (kurzfristige Mobilität, Gruppenmobilität oder virtuelle Mobilität).
Von der Einführung einer neuen spezifischen Maßnahme, der „klein dimensionierten Partnerschaft“, erhofft sich »Austausch macht Schule« Erleichterungen für Antragsteller, die bislang weniger Erfahrungen mit EU-Programmen haben und nur über eingeschränkte Ressourcen für aufwändige Antragsverfahren verfügen. So kann das Programm für Schulen und kleinere Organisationen der internationalen Jugendarbeit zusätzlich attraktiver werden.
Stärkung des Schulbereichs
Laut Vorschlag der Kommission sollen die Mittel für den Schulbereich und die Berufsbildung stärker steigen, als diejenigen anderer Bildungsbereiche. Zukünftig könnten mehr Schülermobilitäten innerhalb der Europäischen Union gefördert werden, nicht nur zu Lernzwecken, sondern auch für Praktika.
Sollten damit auch Praktika für Schülerinnen und Schüler an allgemeinbildenden Schulen ermöglicht werden, würde einer jahrelangen Forderung der Bundesländer entsprochen.
Sektorenübergreifende und flexible Maßnahmen fördern
Insgesamt orientiert sich das Programm am Grundsatz des lebenslangen Lernens. Es soll wie sein Vorgänger mit integriertem Charakter fortgesetzt werden und jungen Menschen die Chance bieten, grenzüberschreitende Lernerfahrungen in verschiedenen Lebensphasen zu erleben.
Bislang wird die verstärkte sektorenübergreifende Zusammenarbeit jedoch nur als Anregung aus der Zwischenevaluierung erwähnt. Würde dieser Forderung u.a. des Europaparlamentes tatsächlich entsprochen, könnten zukünftig insbesondere auch sektorenübergreifende Projekte, etwa zwischen Schule und Jugend, ermöglicht und gefördert werden können. Auch innerhalb der einzelnen Sektoren sollten neue und flexible Formate gefördert werden.
Neue Maßnahme DiscoverEU
Zusätzlich wird vorgeschlagen, jungen Menschen mithilfe der Initiative DiscoverEU die Möglichkeit zu geben, allein oder in der Gruppe eine erste Reiseerfahrungen durch Europa zu machen und so ein Gefühl der Zugehörigkeit zur Europäischen Union zu entwickeln.
Förderungen solcher informellen Bildungsaktivitäten sollten jedoch nicht zulasten bestehender non-formaler Angebote der internationalen Jugendarbeit gehen. Und um tatsächlich die gewünschten Effekte zu erzielen, sollte es Angebote geben, die als reguläre Bestandteile dieser Maßnahmen die Bildungsdimension einer solchen Erfahrung entwickeln helfen.