MINT und Brückenbauen
200 Lehrkräfte aus Deutschland und Polen auf dem Austauschlabor 2017 des Deutsch-Polnischen Jugendwerks in Berlin
Brückenbauen aus Pappe und Altpapier bei einer deutsch-polnischen Schülerbegegnung – wozu das denn? – „Weil sich dadurch auf spielerische Weise wissenschaftliche Elemente ins Programm einer Begegnung einbauen lassen. So können die Jugendlichen physikalische Gesetzmäßigkeiten und Mechanismen diskutieren und besser verstehen. Zugleich werden durch die Teamarbeit gruppendynamische Prozesse angeregt”, erklärt Iwona Kowalczyk von der Euroregion Pomerania in Szczecin/Stettin. Zusammen mit fast zweihundert im Austausch aktiven Lehrkräften und Vertreter/innen von Austauschorganisationen aus Deutschland und Polen hat sie am 6. und 7. November in Berlin am Austauschlabor 2017 teilgenommen. Im Konstruktionsworkshop hatten alle Teilnehmenden richtig viel Spaß beim Brückenbauen – und sind jetzt überzeugt, dass solche Aktivitäten sich perfekt im Rahmen einer internationalen Schülergruppe umsetzen lassen.
Organisiert wird das Austauschlabor vom Deutsch-Polnischen Jugendwerk (DPJW) – einer internationalen Organisation, die seit über 25 Jahren den Jugend- und Fachkräfteaustausch zwischen beiden Ländern inhaltlich und finanziell unterstützt. Ein wichtiges Standbein der inhaltlichen Arbeit sind dabei Schulungs- und Vernetzungsveranstaltung für Träger des Austauschs. 2016 hat der erste „Kongress zum deutsch-polnischen Schulaustausch” in Warschau stattgefunden, 2017 war das Austauschlabor nun in Berlin zu Gast. Ziele der jährlichen Veranstaltungen sind inhaltliche und thematische Weiterbildung, der Aufbau dauerhafter Kontakte zwischen deutschen und polnischen Partnerschulen sowie Ideen- und Erfahrungsaustausch.
Beim diesjährigen Austauschlabor standen die MINT-Fächer im Mittelpunkt: Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Denn Austausch kann viel mehr als nur den Nutzen von Fremdsprachenkenntnissen praktisch erlebbar machen, und Projekte zu Themen wie Mechatronik oder Robotern können auch außerhalb von Berufsschulen stattfinden. Die Einbeziehung von Fachlehrkräften aus den Naturwissenschaften ist sogar ein Weg, um einen bestehenden Austausch nachhaltig in der Schule zu verankern, zur Sache des gesamten Kollegiums zu machen und zugleich für Schülergruppen zu öffnen, die nicht vorrangig an humanistischen Fächern interessiert sind. Die Zusammenarbeit mit zwei naturwissenschaftlichen Schulnetzwerken in Deutschland und Polen – der „Junior-Ingenieur-Akademie” der Deutschen Telekom Stiftung und den vom Copernicus Science Centre in Warschau koordinierten „Young Explorer’s Clubs” – verfolgte daher auch genau das Ziel, Schulen mit Schwerpunktsetzung MINT-Fächern aus beiden Ländern zur internationalen Zusammenarbeit anzuregen und zu vernetzen.
Aus dem Einführungsvortrag von Dr. Tomasz Gręczyło vom Institut für experimentelle Physik der Universität Breslau erfuhren die anwesenden Lehrkräfte, wie sie in ihre eigenen deutsch-polnische Begegnungen Programmpunkte wie physikalische Versuche einbauen können. Dass sich mit den entsprechenden Apps auch Smartphones für Optik- oder Akustik-Experimente nutzen lassen, erklärte Dr. Martin Bracke von der Universität Kaiserslautern. So können etwa Bewegungsabläufe bei Versuchen zur Schwerkraft mit dem Handy aufgenommen und anschließend abgespielt und analysiert werden.
„Der aktuelle Themenschwerpunkt des Deutsch-Polnischen Jugendwerks für die Jahre 2017-2019 ist Vielfalt – und die Naturwissenschaften bringen genau diese Vielfalt in den deutsch-polnischen Austausch. Bisher waren Physik und Chemie seltener Thema deutsch-polnischer Jugendbegegnungen als Geschichte, Sprache oder berufliche Bildung”, so Paweł Moras, Geschäftsführer des DPJW.
Das aktuelle Schwerpunktthema spiegelte sich in Workshops zum interkulturellen Lernen und zu Hate Speech, zu Gruppendynamik und Partizipation. Daneben spielte auch der Umgang mit der gemeinsamen deutsch-polnischen Geschichte eine wichtige Rolle – unverändert finden viele deutsch-polnische Begegnungen in Gedenkstätten statt, und das DPJW hat für Projekte der historisch-politischen Bildung mit „Wege zur Erinnerung” ein eigenes Förderprogramm aufgelegt.
http://www.dpjw.org/projektfoerderung/wege-zur-erinnerung/wege-zur-erinnerung-2018/
So durfte auf dem Austauschlabor auch das deutsch-polnische Geschichtsbuchprojekt „Europa – unsere Geschichte” nicht fehlen, von dem bereits die ersten zwei Bände erschienen sind, die den Zeitraum von der Antike über das Mittelalter bis zur frühen Neuzeit umfassen. Zwei weitere Bände für das 19. und das 20. Jahrhundert werden folgen. Christiane Brandau vom Georg-Eckert-Institut für Internationale Schulbuchforschung in Braunschweig stellte Hintergrund und Anspruch dieses Projekts vor – handelt es sich doch gerade nicht um ein Lehrbuch für deutsch-polnische Beziehungsgeschichte, sondern um ein reguläres Lehrwerk für das Fach Geschichte in der Sekundarstufe 1, das in zwei identischen Sprachversionen zur Verfügung steht und vor allem mit „sechzehn und einem Lehrplan” konform ist. Keine einfache Aufgabe, galt es dabei doch, sinnvoll aus einer Fülle von Inhalten und Themen auszuwählen und dabei auch zwei durchaus unterschiedliche didaktische und methodologische Traditionen unter einen Hut zu bringen. Das Ergebnis eröffnet nun aber ganz neue Ansätze und Möglichkeiten für eine kontinuierliche Zusammenarbeit zwischen Partnerschulen – insbesondere im grenznahen Raum.
Partner des Austauschlabors 2017
Austausch macht Schule
Wissenschaftszentrum Kopernikus als Koordinator des Schulnetzwerks „Young Explorer’s Clubs”
Deutsche Telekom Stiftung: Träger der „Junior-Ingenieurs-Akademie”
Das Austauschlabor wurde finanziell von A&O-Hotels unterstützt.