Multiplikatorenaustausch Deutschland-Türkei
Vom 30. Januar bis 3. Februar fand in Berlin der Multiplikatorenaustausch Deutschland-Türkei statt. Die fünftägige Veranstaltung für Lehrkräfte hatte zum Ziel, den deutsch-türkischen Dialog zu stärken, die Teilnehmenden sollen im Anschluss ein eigenes Projekt zur deutsch-türkischen Verständigung durchführen.
50 Teilnehmende, fünf Tage, eine Stadt – der seit 2012 durchgeführte Multiplikatorenaustausch Deutschland-Türkei fand zum ersten Mal in Form einer Fachtagung und in diesem Umfang statt. In früheren Jahren umfasste der Multiplikatorenaustausch Kurzhospitationen und Gastfamilienaufenthalte für die Lehrkräfte, dieses Jahr wurde etwas Neues ausprobiert. Und bereits im Vorfeld vermerkte YFU sowohl in Deutschland als auch in der Türkei ein besonders hohes Interesse an dieser Austauschmöglichkeit.
Organisiert und durchgeführt wurde das Programm als Fachtagung für Lehr- und Fachkräfte vom Deutschen Youth For Understanding Komitee e.V. (YFU) gemeinsam mit der Stiftung Mercator, in Zusammenarbeit mit dem Pädagogischen Austauschdienst (PAD) des Sekretariats der Kultusministerkonferenz und IJAB – Fachstelle für Internationale Jugendarbeit der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Das Programms begann am 31. Januar mit einer Eröffnungsrede von Knut Möller, Geschäftsführer von YFU. Er hielt ein Plädoyer für den Austausch mit nicht englischsprachigen Ländern und machte sich stark für die Internationalisierung von Schulen – Hand in Hand mit gemeinnützigen außerschulischen Organisationen. Darauf folgten informative Vorträge der Kooperationspartner und ersten Gelegenheiten zum persönlichen Kennenlernen.
Diskussionsrunden und Exkursionen
In den nächsten Tagen nahmen die Teilnehmenden an Diskussionsrunden mit Bezug auf die deutsch-türkischen Beziehungen sowie an Exkursionen zu Bildungsträgern, bildungspolitischen Akteuren und kulturellen Einrichtungen in Berlin teil. Besonders der direkte und persönliche Kontakt mit den Kolleg*innen ermöglichte es den Teilnehmenden, über den eigenen Tellerrand hinaus zu sehen und neue Ideen für eigene deutsch-türkische Jugendaustauschprojekte zu sammeln. „Ich freue mich besonders darüber, sowohl auf persönlicher Ebene Kontakte geknüpft zu haben, als auch verschiedene Organisationen und Vereine kennengelernt zu haben, mit denen ich in Zukunft zusammenarbeiten werde", berichtet eine Deutschlehrerin und Beraterin für das Auslandsstudium aus Istanbul.
Wie wichtig Austauschprogramme wie der Multiplikatorenaustausch für Lehrkräfte sind, betont auch Katja Röhl vom PAD:
„Lehrkräfte berichten, dass die Erfahrungen im Rahmen eines eigenen internationalen Austauschs zu einem viel größeren Verständnis für andere Lebenswelten geführt haben und sie Vielfalt und Diversität sowohl im Partnerland als auch im eigenen Land mit anderen Augen sehen. Dies ist eine gute Grundlage dafür, bei Schülerinnen und Schülern einen positiven Zugang zu einer internationalen Begegnung zu schaffen, sie zu ermutigen und auch zu befähigen, eigene Erfahrungen im Ausland zu sammeln und zu verarbeiten.“
Die gemeinsamen Workshops und die Exkursionen zu einem Gymnasium in Kreuzberg, zu deutsch-türkischen Verbänden und einer deutsch-türkischen Kulturplattform unterstützten in den fünf Tagen den fachlichen Austausch, verhalfen den Teilnehmenden zum Perspektivwechsel und motivierten sie in ihren eigenen Projektideen.
Konzepte von Identität – aber auch Freizeitmomente
Eines der immer wieder aufkommenden Themen war dabei das Konzept von Identität. Dies wurde sehr intensiv und emotional sowohl von den Teilnehmenden aus der Türkei als auch aus Deutschland diskutiert. Genau diese Gespräche halfen jedoch dabei, ein größeres Verständnis für die Vielfalt in beiden Ländern zu entwickeln.
Neben dem offiziellen Programm gab es für die Teilnehmenden auch Freizeitmomente, die sie gemeinsam verbrachten. Sie entdeckten zum Beispiel am Abend den Stadtteil Kreuzberg und gingen gemeinsam essen. Auch diese Erlebnisse haben dabei unterstützt, die jeweils andere Kultur noch besser kennenzulernen und miteinander statt übereinander zu sprechen. So berichtet beispielsweise ein Berufsschullehrer aus Marburg, dass er viel über die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Deutschland und der Türkei gelernt habe: „Besonders spannend war es für mich, die Ausbildungssysteme in beiden Ländern zu vergleichen und Möglichkeiten und Herausforderungen eines türkisch-deutschen Jugendaustauschs kennenzulernen.“
Austausch der Zivilgesellschaft essentiell
Tragfähige Beziehungen Deutschlands und Europas zur Türkei sind laut Jennifer Hecht, Projektmanagerin der Stiftung Mercator für Internationale Programme, wichtig für ein handlungsfähiges Europa:
„Gerade in schwierigen politischen Zeiten ist ein Austausch der Zivilgesellschaft essentiell, um den Dialog nicht abreißen zu lassen. Junge Menschen und diejenigen, die mit ihnen arbeiten, wie Lehrkräfte und Fachkräfte der Jugendarbeit, können in einer Begegnung enorm viel voneinander lernen und so ein Verständnis füreinander aufbauen. Deshalb fördern wir als Stiftung Mercator den Austausch und die Begegnung zwischen Deutschland und der Türkei. Wir wollen Brücken bauen, die dabei helfen, dass wir einander verstehen, vertrauen und voneinander lernen.“
Auch Anne Hommers-Mocak, zuständige Projektleitung bei YFU, freut sich über den Erfolg des Programmformates. Dieser sei ein positives Zeichen für die deutsch-türkische Verständigung: „Wir sind sehr glücklich darüber, dass wir mit unseren Projektpartnern der Stiftung Mercator, dem Pädagogischen Austauschdienst und IJAB die erneute Chance hatten, dieses Austauschformat anzubieten und somit ein Zeichen für den Schüler- und Jugendaustausch zwischen beiden Ländern setzen konnten.“
Eigene Projekte und nächste Tagung geplant
Die Planung eigener Austauschprojekte wurde bereits während des Programms von den Teilnehmenden konkretisiert. Dies könne als erster Erfolg für dieses neue Format gewertet werden, so die Verantwortlichen von YFU. Dies motiviert die gemeinnützige Austauschorganisation auch, den Multiplikatorenaustausch Deutschland-Türkei fortzuführen - es geht nun in die konkrete Planung eines zweiten Programmteils im Sommer 2019 in der Türkei. Dieser soll an die Ergebnisse der Fachtagung in Berlin anknüpfen und vor allem auch den Teilnehmenden aus Deutschland Einblicke in die Bildungslandschaft in der Türkei vermitteln. Interessierte Lehrer*innen sowie Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe können sich schon jetzt bei YFU vormerken lassen.