„Potenzielle Partnerschulen in Griechenland gibt es sehr viele!“
Seit diesem Jahr fördert das Deutsch-Griechische Jugendwerk auch Schulaustausche. Iro Sofia Tataroudi vom Förderreferat Schulischer und Sportlicher Austausch in Thessaloniki spricht mit uns über die Anfänge und Herausforderungen, aber insbesondere über die Chancen und Möglichkeiten für deutsche Schulen.
In welcher Situation befindet sich der schulische Austausch zwischen Deutschland und Griechenland?
Iro Sofia Tataroudi: Der Gründung des Deutsch-Griechischen Jugendwerks gingen fünf Jahre der bilateralen Sonderprogramme voraus – diese waren jedoch nur für den außerschulischen Bereich. Der Schulaustausch wird bei uns also aktuell von Grund auf aufgebaut.
Bestehende deutsch-griechische Schulaustausche gehen größtenteils auf Städtepartnerschaften zurück oder finden im Rahmen von Erasmus+ statt. Viele sind das jedoch noch nicht.
Mit welchen Erwartungen sind Sie im letzten Jahr gestartet?
Am 1. April 2021 hat das Deutsch-Griechische Jugendwerk seine Arbeit aufgenommen. Im ersten Jahr widmeten wir uns Sport- und außerschulischen Projekten, da schulischer Austausch wegen der Pandemie nicht möglich war. Dieses Jahr stehen erstmals schulische Projekte im Fokus!
Für 2022 konnten wir die ersten Anträge entgegennehmen – jeweils gemeinsam von einer griechischen und einer deutschen Schule gestellt. Zudem gab es natürlich auch viele An- und Nachfragen, insbesondere bei den griechischen Schulen ist das Interesse riesig.
Was sind die Herausforderungen, auf die Sie im Moment stoßen?
Wir sind ja mitten in der Pandemie gestartet, das hatte natürlich auch Auswirkungen auf das Interesse an unseren Ausschreibungen. Deutsche Schulen dürfen momentan größtenteils immer noch nicht ins Ausland verreisen, bei den griechischen Schulen war es auch sehr schwer, unter Pandemie-Bedingungen eine Reise ins Ausland zu planen. Ein Austausch in Präsenz war also vorerst nicht möglich. Etwas anders sieht es im außerschulischen Bereich aus, Vereine haben es teilweise gewagt und letztes Jahr Treffen durchgeführt – von ihnen haben wir sehr positives Feedback bekommen!
Für 2023 erwarte ich auf jeden Fall sehr großes Interesse auch von Schulen. Noch haben wir keine Datenbank für ein Matching von Schulen – das läuft alles direkt über mich. Mittelfristig ist aber eine Partnerbörse geplant.
Und ich freue mich sehr über jede Schule aus Deutschland, die sich meldet. Potenzielle Partnerschulen in Griechenland gibt es sehr viele! Dieses Ungleichgewicht macht es für mich natürlich schwer, den Bedürfnissen und dem Tatendrang der griechischen Schulen gerecht zu werden. Das heißt für deutsche Schulen wiederum, dass ich für sie problemlos einen passenden Partner finden kann.
Wie gehen deutsche Schulen und Schüler*innen damit um, Schulaustausche mit einem Urlaubsland zu machen, dessen Sprache in Deutschland nicht so häufig gelehrt wird?
Sprachkenntnisse werden für einen Schulaustausch natürlich nicht vorausgesetzt, es geht ja vorrangig darum, die Kultur zu vermitteln, und nicht die Fremdsprachkenntnisse zu verbessern. Es braucht jedoch niemand zu befürchten, dass die Verständigung schwierig werden könnte! Zudem bezuschussen wir auch Sprachmittlung und/oder Sprachanimation mit bis zu 150 Euro pro Tag. Diese Art der Sprachvermittlung steht in Griechenland noch ganz am Anfang, in Deutschland ist sie ja schon etabliert. Ich habe bei einem Projektbesuch erleben dürfen, wie positiv sich Sprachanimation auswirkt und kann das nur empfehlen!
Was das Thema Urlaubsland betrifft: Griechenland hat nicht nur schöne Strände und antike Denkmäler! Das Land hat auch Millionenstädte und viel moderne Kultur zu bieten. Und das werden die Schüler*innen schnell merken und viele Gemeinsamkeiten mit ihren Austauschpartner*innen finden!
In Deutschland werden sich wohl kaum Schüler*innen und Lehrkräfte mit Griechischkenntnissen finden. Wie sieht es in Griechenland mit Fremdsprachkenntnissen aus?
Das Interesse ist sehr groß! Deutsch wird in vielen, ja den meisten, griechischen Schulen als zweite Fremdsprache (nach Englisch) ab der 5. Klasse angeboten. Mehr als die Hälfte der Schüler*innen lernen Deutsch, Tendenz zunehmend. Von einem A2-Niveau darf man bei griechischen Schüler*innen ausgehen. Die Verständigung dürfte also kein Problem darstellen. Bei den bis jetzt durchgeführten Projekten haben sich alle prima verständigen können. Besonders schön finde ich auch, dass die Teilnehmer*innen dank Social Media über die Begegnung hinaus miteinander in Kontakt bleiben und so weiterhin ein Stück weit am Alltag der Austauschpartner*innen teilnehmen können.
In Griechenland interessieren sich zudem viele Jugendliche für ein Studium in Deutschland – da kann ein Austausch als erster Eindruck oder auch als zukünftige Anlaufstelle für weitere Informationen dienen.
Welche finanzielle Unterstützung bietet das Deutsch-Griechische Jugendwerk?
Für deutsche Schulen können wir anhand unserer Förderrichtlinien (noch) keine Reisekosten übernehmen, Zuschüsse können z. B. bei den Bundesländern beantragt werden. Für griechische Schulen kann das DGJW die Reisekosten übernehmen. Für die Projektkosten gibt es Tagessätze: bei einer Begegnung in Griechenland zum Beispiel übernimmt die griechische Schule mit der DGJW-Förderung als Gastgeber die Tagessätze für beide.
Zudem können die Lehrkräfte den Austausch zwischen den Schulen vorbereiten und bei uns ein Fachkräfteprogramm beantragen. Bei diesen Programmen können die Tagessätze sowie die Reisekosten für die Lehrkräfte der deutschen und der griechischen Schulen gefördert werden.
Hervorzuheben sind außerdem unsere Kleinprojekte (bis 1.000 Euro), diese sind auch online möglich.
Ist Schüleraustausch in Griechenland verankert? Wie sieht es aus mit Aufenthalten in Gastfamilien?
Die meisten Austausche haben den Charakter eines Sprachaufenthalts, entsprechend oft mit England. Partnerschaftliche, gegenseitige Austauschbegegnungen gibt es beispielsweise mit Frankreich schon. Der Schwerpunkt auf den interkulturellen Austausch ist noch wenig verankert, aber steigt ständig.
Die Aufenthalte sollen idealerweise in Gastfamilien stattfinden. In Griechenland ist dies an sich nicht so üblich, aber für unsere Gastfreundschaft sind wir bekannt! Meist gibt es erst Hemmungen, aber im Nachhinein sind alle begeistert! Aufgrund der Pandemie fanden die Aufenthalte bis anhin meist in Hotels, Hostels oder Gruppenunterkünften statt.
Auch mir selbst fehlt noch die Erfahrung und das Feedback von den Schulen – das erste Projekt beginnt im April. Ich warte gespannt darauf!
Was sind die nächsten Termine für Projekte und Anträge?
In unseren Plänen ist für dieses Jahr noch eine Konferenz in Präsenz für Schulen bzw. Schulbehörden eingeschlossen, aber das wird das DGJW noch zeitnah bekanntgeben. Interessierte können Infos auf unserer Website finden.
Die nächste Antragsfrist für Schulaustausche ist der 1. November 2022, für Projekte in 2023. Wenn es der Haushalt erlaubt können auch davor für dieses Jahr noch Projekte beantragt werden. Mit einer Bearbeitungszeit von drei Monaten zwischen Einreichen des Antrags und Projektbeginn ist zu rechnen.
Förderanträge können zu allen Themen gestellt werden, wir haben diesbezüglich keine Einschränkungen. Interessanterweise hatten dieses Jahr fast alle eingegangenen Anträge von Schulen – unabhängig voneinander! – das Thema Erinnerung. Das ist hochinteressant, ich bin sehr gespannt auf die Begegnungen!
Wichtig ist zudem, dass der Bereich Schulaustausch komplett in den Händen unseres griechischen Büros liegt. Die deutschen Schulen sollen sich also nicht im Leipziger Büro, sondern bei mir in Thessaloniki melden, wenn beide Austauschpartner Schulen sind.
Eine letzte Frage: Wie sind Sie persönlich zum Deutsch-Griechischen Jugendwerk gekommen?
Ich war selbst Lehrerin für Deutsch als Fremdsprache in Griechenland, für alle Altersgruppen. In Deutschland habe ich in Jugendprogrammen gearbeitet. Ich kann mich also sehr gut in die Rolle der Lehrkräfte hineinversetzen und freue mich, sie bei ihren Austauschvorhaben unterstützen zu dürfen!
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Christine Bertschi.