„Schulisch-außerschulische Kooperationen öffnen Türen zu neuen Welten“
Wir treffen uns online und es wird schnell klar, wie sehr Claudia Schecker, Lehrerin und Europakoordinatorin an der Beruflichen Schule des Kreises Stormarn in Bad Oldesloe, den Austausch und die schulisch-außerschulische Zusammenarbeit schätzt – ihre Begeisterung ist in jedem Satz zu hören, besonders wenn sie über die Chancen spricht, die durch Kooperationen entstehen.
Frau Schecker, Sie wurden uns als Expertin für schulisch-außerschulische Kooperationen empfohlen. Was begeistert Sie an diesen Austauschprojekten und warum engagieren Sie sich so sehr dafür?
Claudia Schecker: Für mich ist es einfach eine tolle Möglichkeit, andere Menschen und Kulturen kennenzulernen. Vor zwei Jahren hatten wir beispielsweise einen israelischen Besuch an unserer Schule. Ein Kollege dort formulierte es perfekt: „get out of the box“: Man kommt raus, macht neue Erfahrungen und ich bin jedesmal nach einer Begegnung wieder begeistert, was für tolle Menschen man kennenlernt. Das gilt nicht nur für die Schüler:innen, sondern auch für uns Lehrkräfte. Jede Begegnung ist eine Bereicherung – sowohl auf persönlicher als auch auf professioneller Ebene.
Was kann Schule durch die Zusammenarbeit mit außerschulischen Partnern gewinnen?
Man hat einfach ganz andere Möglichkeiten. Wir haben zum Beispiel schon mehrmals Ballonfahren als Projekt angeboten. Das wäre ohne den Verein, der uns mit Piloten und Equipment unterstützt, niemals möglich gewesen. Dasselbe gilt für Segeln – ohne Segelboote könnten wir das auch nicht umsetzen. Vereine bringen nicht nur ihr Fachwissen mit, sondern auch die nötige Ausrüstung. Außerdem profitieren wir bei solchen Kooperationen von einem höheren Betreuungsschlüssel. In Bildungsstätten sind neben den Lehrkräften auch pädagogische Mitarbeiter vor Ort, was besonders bei Klassen mit höherem Betreuungsbedarf extrem hilfreich ist. So konnten wir Klassenfahrten ins Ausland ermöglichen, die wir uns allein nicht zugetraut hätten.
Wie suchen und finden Sie solche Partner?
Bei den Bildungsstätten habe ich gezielt recherchiert. Zum Beispiel bin ich auf der Webseite des Deutsch-Polnischen Jugendwerks fündig geworden, wo Bildungsstätten aus Deutschland und Polen vorgestellt werden. Mit einigen dieser Stätten arbeiten wir nun schon seit Jahren zusammen, wie etwa mit dem Maximilian-Kolbe-Haus in Danzig. Die Zusammenarbeit mit dem Ballonfahrverein kam durch einen Bericht über eine deutsch-französische Begegnung zustande. Ich habe den Verein einfach angeschrieben, und wir haben direkt telefoniert. Seitdem haben wir schon drei gemeinsame Projekte realisiert.
In welchen Bereichen profitieren Sie besonders von der Unterstützung der außerschulischen Partner?
Vor allem in technischer Hinsicht und beim Know-how. Keiner von uns kann Ballonfahren, und wir haben auch nicht das nötige Equipment, aber die Vereine bringen all das mit. Außerdem haben sie oft schon Erfahrung in der Jugendarbeit, was uns enorm hilft. Beispielsweise haben wir durch die Vereine viele Ideen für physikalische Experimente bekommen, die wir im Rahmen der Ballonfahrtprojekte mit den Schüler:innen durchgeführt haben. Auch in den Bildungsstätten profitieren wir von den Ortskenntnissen und den Kontakten zu lokalen Betrieben. Diese langjährigen Beziehungen wären für uns als Schule allein schwer zu organisieren.
Gab es bei der Planung oder Durchführung der Projekte besondere Probleme oder Herausforderungen?
Schwierigkeiten gibt es immer. Wichtig ist, dass beide Seiten kompromissbereit sind und gut kommunizieren. Bei dem Geschichtsprojekt „#StolenMemory“ haben wir beispielsweise eine Fortbildung für die Mitarbeiter:innen der Bildungsstätten organisiert und durchgeführt, um sicherzustellen, dass alle Mitarbeiter:innen auch fachlich fit sind. Generell gilt: Viel Kommunikation im Vorfeld ist der Schlüssel. Wir haben sehr viele Online-Treffen, um Projekte detailliert vorzubereiten und sicherzustellen, dass alle Erwartungen klar sind. Flexibilität ist dabei das A und O – nichts läuft jemals exakt nach Plan.
Gibt es eine Art von Projekten, die sich besonders gut für solche Kooperationen eignen?
Besonders erfolgreich laufen bei uns die beruflichen Projekte in Kooperation mit den Bildungsstätten. Wir haben zum Beispiel Hauswirtschaftsprojekte mit dem Schloss Muhrau organisiert und planen jetzt Projekte im Bereich Technik mit den Ausbildungsgängen Malerei, Tischlerei und Metallbau. Diese Art von Projekten bietet den Schüler:innen eine praktische Möglichkeit, Berufe kennenzulernen, und sie können mit polnischen Schüler:innen in Betrieben vor Ort zusammenarbeiten. Solche Projekte sind allein durch die Schule kaum umsetzbar, da wir zum Beispiel für die Malerei keine geeigneten Räumlichkeiten zur Umgestaltung haben.
Gab es ein Erlebnis, das Sie besonders beeindruckt hat?
Ja, das Ballonfahren war für mich ein besonderes Erlebnis, auch wenn ich selbst nicht mitgefahren bin. Die Freude der Schüler:innen nach der Landung – das Lächeln in ihren Gesichtern, ihr Stolz – das war einfach unbezahlbar. Viele mussten zunächst ihre Ängste überwinden, und wenn sie dann glücklich zurückkommen, ist das der Moment, in dem man weiß, dass sich all die Arbeit gelohnt hat.
Sie haben erwähnt, dass Flexibilität wichtig ist. Wie reagieren Sie, wenn etwas nicht nach Plan läuft?
Unser Motto ist: „Locker bleiben.“ Es bringt nichts, sich zu sehr aufzuregen. Man muss immer das Beste aus der Situation machen. Auch wenn mal etwas schiefgeht, am Ende klappt es doch irgendwie. Es ist auch wichtig, sich auf unerwartete Dinge einzulassen – wie das Singen und Tanzen mit den polnischen Schüler:innen. Zuerst dachte ich, dass deutsche Schüler:innen sicher nicht begeistert wären, aber sie wollten am Ende jeden Abend tanzen. Man wird immer wieder überrascht.
Es klingt, als hätten sich die Projekte im Laufe der Zeit immer weiterentwickelt. Wird es mit der Zeit einfacher?
Eine gewisse Routine gibt es schon, aber es kommen ständig neue Herausforderungen dazu. Wir arbeiten zum Beispiel inzwischen mit Partnerschulen aus Polen, Marokko, der Ukraine und bald auch Georgien zusammen. Das hält uns auf Trab, und jede neue Partnerschaft bringt etwas Besonderes mit sich. Aber ja, insgesamt wird es schon einfacher, weil immer mehr Kolleg:innen mitmachen und wir als Team wachsen.
Zum Abschluss: Was ist für Sie das Wichtigste, das Sie aus diesen Kooperationen mitgenommen haben?
Für mich ist es besonders wichtig zu sehen, wie sich die Schüler:innen durch diese Erfahrungen verändern. Viele überwinden ihre Ängste und wagen den Schritt aus ihrer Komfortzone. Sie werden selbstbewusster, knüpfen internationale Freundschaften und wachsen über sich hinaus. Das gibt einem das Gefühl, dass die Arbeit wirklich Sinn macht.
Vielen Dank für das Gespräch!
Mehr zu schulisch-außerschulischen Projekten, darunter auch zwei Projekte der Berufsschule Bad Oldesloe, finden Sie in der Online-Publikation "Schulisch-außerschulische Kooperationen im internationalen Austausch".
Das Interview führte Ruth Rothermundt.