„So ein Antrag kann etwas sehr Erfreuliches sein“
Wer bei der Stiftung Deutsch-Russischer Jugendaustausch (DRJA) schon einmal einen Antrag gestellt hat, kennt sie bestimmt: Pamela Echkina kümmert sich um die Anträge im Bereich Schulischer Austausch und Sprachförderung. Was rund um die Anträge passiert und wie die Antragssteller*innen ihre Chancen auf Förderung erhöhen können, erzählt sie uns im Interview.
Frau Echkina, Sie leiten bei der Stiftung Deutsch-Russischer Jugendaustausch das Referat Schulischer Austausch und Sprachförderung und sind somit unter anderem für die Anträge in diesem Bereich verantwortlich. Können Sie kurz umreißen, wie und mit wem zusammen Sie arbeiten?
Die Programmassistentin im schulischen Referat und ich arbeiten bei der Antragsbearbeitung sehr eng zusammen – besonders bei der Bewertung der Anträge und der Prüfung der Abrechnungen. Hier ist eine gute Abstimmung sehr wichtig; besonders, wenn Anträge oder Abrechnungen Ungenauigkeiten aufweisen. Die Programmassistentin ist im Moment Katja Shkaruba, die Bogna Borowski (in Elternzeit) vertritt. Nicht nur für das Eingeben der Antragsdaten in unsere Datenbank haben wir aktuell eine tolle Unterstützung durch unseren Bundesfreiwilligen Martin Ludwig.
Wenn ein Antrag bei Ihnen eingeht – was passiert mit ihm, wie viel Zeit nimmt die Bearbeitung in Anspruch, über welche Zeitspanne verteilt?
Nach dem Eingang der Anträge werden sie zunächst in die Datenbank eingegeben. Die meisten Anträge erhalten wir sehr kurz vor oder genau zum Ende einer Antragsfrist (es gibt zwei pro Jahr). Dann nehmen wir uns ca. zwei Monate Zeit, sie zu beurteilen, bis wir – in diesem Jahr am 1. Dezember – den Antragsteller*innen eine erste Rückmeldung darüber geben, ob und in welcher Höhe wir ihr Projekt finanziell fördern können, damit sie möglichst schnell Planungssicherheit haben.
In der Folge werden die Förderverträge und weitere Bewilligungsunterlagen erstellt. Um die Fördermittel zu bekommen, senden uns die Mittelempfänger den unterschriebenen Fördervertrag und ein Mittelabrufsformular zu. Das muss vor Beginn des Projekts passieren. Sechs Wochen nach dem Ende der Begegnung endet der Förderzeitraum (in dem Fördergelder ausgegeben werden dürfen). Danach haben die Projektleiter noch einen Monat Zeit, die Abrechnung an uns zu schicken.
Wie lange es von der Bewilligung bis zur Abrechnung dauert, hängt also davon ab, wann das Projekt stattfindet. So kann es vom Eingang des Antrags bis zum Abschluss der Abrechnung auch mal ein Jahr dauern.
Wie viele Anträge gehen bei Ihnen ein? Wie viele davon können Sie bewilligen?
Pro Antragsfrist bekommen wir im Moment um die 120 Anträge. Da weit mehr Gelder bei uns beantragt werden, als wir Fördermittel zur Verfügung haben, können wir leider nicht alle bewilligen; müssen also die Projekte auswählen, die unseren Förderkriterien am besten entsprechen. Leider sind einige Antragsteller noch daran gewöhnt, dass vor einigen Jahren umgekehrt mehr Fördergelder zur Verfügung standen, als beantragt wurden und setzen eine Förderung als selbstverständlich voraus.
Wie läuft der Entscheidungsprozess über die Förderung? Nach welchen Qualitätskriterien entscheiden Sie sich?
Hier müssen wir unterscheiden zwischen Voraussetzungen, ohne die eine Förderung nicht möglich ist (z. B. eine vorherige Antragstellung beim Land) und Kriterien, nach denen wir einen Antrag bewerten und mit anderen vergleichen.
Dass die Voraussetzungen nicht erfüllt werden, ist nur in wenigen Fällen der Grund für eine Ablehnung des Antrags.
Um sich gegenüber anderen Antragstellern durchzusetzen, ist bei Austauschreisen eine gute Planung und Darstellung des Projektvorhabens besonders wichtig. Während die Stiftung DRJA früher auch Begegnungen gefördert hat, bei denen die Schülerinnen und Schüler sich nicht gemeinsam mit einem konkreten Projekt beschäftigt haben, legen wir inzwischen besonderen Wert darauf.
Bei der Bewertung der Projektplanung orientieren wir uns an folgenden Kriterien:
- Inwieweit wird durch die Projektplanung eine intensive Interaktion und Kooperation der Teilnehmenden beider Länder iniitert und gefördert?
- Inwiefern ist die Projektarbeit besonders geeignet, Verständigung und Freundschaft unter den Teilnehmenden zu begünstigen?
- Inwiefern ist das Projektthema für den einzelnen Teilnehmenden bedeutsam?
- Inwieweit sind die Teilnehmenden beider Länder in die Planung des Projekts einbezogen bzw. inwieweit können sie Einfluss auf die Gestaltung des Projekts nehmen?
- Inwieweit wird eine partnerschaftliche und gemeinsame Planung durch die Organisierenden beider Länder gewährleistet?
Selbstverständlich gibt es noch weitere Kriterien. So möchten wir z. B. besonders Schulformen fördern, die bisher im internationalen Austausch unterrepräsentiert sind. Ein Antrag einer Hauptschule wird also – bezogen auf das Kriterium der Schulform – besser bewertet als der eines Gymnasiums. Das bedeutet aber nicht, dass sich Lehrerinnen und Lehrer an Gymnasien Sorgen machen müssten nicht mehr gefördert zu werden. Es handelt sich schließlich nur um eines von mehreren Kriterien.
Alle Voraussetzungen, Kriterien und wichtigen Hinweise zur Antragstellung haben wir transparent auf unserer Website dargestellt, so dass Antragsteller ihre Aussichten auf eine Bewilligung verbessern können, wenn sie diese beachten. Im Moment haben Antragsteller, die alle dort gegeben Tipps beachten, sehr gute Chancen auf eine Bewilligung. Selbstverständlich beraten wir die Projektleiter*innen im Vorfeld der Antragstellung auch gerne telefonisch oder per E-Mail – schließlich freuen wir uns, wenn das Ergebnis einer solchen Beratung ein guter Antrag ist.
Manchmal werde ich auch gefragt, ob ein bestimmtes Projektthema förderwürdig ist oder ob wir z. B. historische Projekte bevorzugen. In dieser Frage machen wir allerdings gar keine Vorgaben. Ob die Schülerinnen und Schüler nun beim Kochen, Theaterspielen, Recherchieren oder bei anderen Projekten am besten zueinanderfinden, das hängt ganz von den Jugendlichen und von einer guten Planung ab.
Fällt Ihnen das Erteilen von Absagen schwer?
Ja, sehr. Da ich selbst früher als Lehrerin den Austausch organisiert habe und weiß, wie viel Zeit und Herzblut man investiert, tut mir jede Absage leid. Aber wir können natürlich nicht mehr Geld verteilen, als wir zur Verfügung haben…
Wo passieren bei der Antragsstellung häufig Fehler, die zu vermeiden wären?
Mir scheint, dass der sogenannte Kosten- und Finanzierungsplan für nicht wenige eine große Hürde darstellt. Dieser Plan soll abbilden, wie hoch die Gesamtkosten des Projekts voraussichtlich sein werden, welchen Beitrag das Land leistet, welchen Anteil z. B. die Eltern oder andere Geldgeber übernehmen und welcher Betrag bei uns beantragt wird.
Erstaunlicherweise kommt es immer wieder vor, dass die wichtigste Spalte in dieser Tabelle – für die beantragte Fördersumme – leer bleibt, so dass praktisch nichts bei uns beantragt wird, oder dass die Summen rechnerisch nicht „aufgehen“ und z. B. mehr beantragt wird, als das Projekt insgesamt kosten soll. Wer also nicht so gerne mit Zahlen jongliert, könnte vielleicht eine*n Kolleg*in um einen kritischen Blick auf die Finanzplanung bitten.
Auch bei der Beantwortung der inhaltlichen Fragen zur Projektarbeit werden häufig Fehler gemacht. Anhand der Antworten müssen wir uns ein möglichst genaues Bild davon machen können, was für ein Projekt geplant ist. Wenn die Fragen zu knapp oder unkonkret beantwortet werden, ist das leider schwer möglich – was besonders schade ist, wenn eigentlich ein richtig gutes Projekt hinter dem Antrag steht, der Antrag das aber nicht abbildet.
Wenn im Antrag ausführlich erläutert wird, welchen Wert Schüleraustausch an sich für alle Beteiligten, die Gesellschaft und die Völkerverständigung hat, dann können wir dem sicher zustimmen, bekommen aber keine Vorstellung davon, was gerade dieses eine Projekt im Vergleich zu anderen besonders förderwürdig macht.
Ist die Bearbeitung von Anträgen eher eine trockene Materie, oder stoßen Sie öfters mal auf Kuriositäten?
Es gibt tatsächlich auch manchmal etwas zu schmunzeln – auf einzelne Zitate aus den Anträgen verzichte ich hier aber lieber.
Zu den eher „trockenen“ Zahlen und Daten gehören ja immer ganz konkrete Begegnungen von Schülerinnen und Schülern, Lehrerinnen und Lehrern. Wenn man sich ein gutes Bild von der Projektgestaltung machen kann – also praktisch das geplante Miteinander der Jugendlichen beider Länder lebhaft vor Augen hat – kann so ein Antrag etwas sehr Erfreuliches sein.
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Christine Bertschi.